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Wer kommt? Wer geht? Wer bleibt?

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Eine Studie zur Verbesserung der Verbleibchancen qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz

Lebensperspektiven“

Lebensperspektiven“ gerade für junge Menschen und die „Identifikation mit dem Lebensraum“. Konkret verfolgte das Projekt folgende Teilziele: 1. Sozialwissenschaftliche Analyse der gegenwärtigen Verbleibchancen junger Frauen im Landkreis und Erarbeitung eines praxisorientierten Faktorenmodells, welches die Formulierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen erlaubt. 2. Austausch mit Akteuren im Feld, Entwicklung einer digitalen Plattform für junge Frauen in der Region sowie eines Netzwerkes unter Beteiligung relevanter Akteure (Politik, Verwaltung, Bildungsträger, Unternehmen, Zivilgesellschaft). 3. Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem Problem und für die Verbesserung der Verbleibchancen. 4. Erarbeitung und Realisierung von Kommunikations- und Beratungsangeboten für die Akteure und Betroffenen. Das zentrale Element besteht hierbei in der Konzeptualisierung und Durchführung von Werkstätten sowie einer Konferenz. Inhalt der Studie Die Studie beschreibt und diskutiert die erreichten Ergebnisse der Teilziele 1, 3 und 4, wobei die sozialwissenschaftliche Analyse, die Kommunikation mit den Akteuren im Feld und die Formulierung der Handlungsempfehlungen im Zentrum stehen. Dabei haben wir diese drei Aspekte als Momente eines ganzheitlichen Forschungs-, Anwendungs- und Praxisprozesses begriffen. So fungierten die Werkstätten sowohl als methodisches Erhebungsinstrument, als Räume der Kommunikation und Vernetzung der Akteure untereinander wie als Tranfer- und (implizite) Evaluationsmedien (siehe Kapitel 4). Inhaltlich und methodisch fokussiert die sozialwissenschaftliche Analyse die Verbleibchancen und Verbleibprobleme junger und (potenziell) höher qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz. Unter Nutzung vorliegender Daten und Analysen zu strukturellen Rahmenbedingungen und demografischen Entwicklungen in der Region und ländlichen Räumen insgesamt (Kapitel 2) sowie eigener quantitativer und qualitativer Datenerhebungen (Kapitel 3) erforschen wir Verbleib-Faktoren und deren Zusammen hänge. Neben einer fragebogengestützten Untersuchung der Orientierungen, Einstellungen und Einschätzungen von Schülerinnen und Schülern im Landkreis sowie Studierenden an der Hochschule Zittau/Görlitz eruieren wir mit qualitativen Forschungsmethoden (Einzel- und Experteninterviews, Fokusgruppengespräche) die Verbleibsverläufe sowie Wahrnehmungsund Deutungsmuster qualifizierter Frauen nach der Ausbildungsphase (Altersgruppe zwischen Ende Zwanzig und Anfang Vierzig). Eine kleinere Diskursanalyse rundet die Untersuchung ab. Daran schließt sich das Kapitel zum „Forschungsprozess als regionaler Kommunikations- und Aktivierungsprozess“ an (Kapitel 4), in dem die Konzeptualisierung, Durchführung und Auswertung eines Workshops und mehrerer Werkstätten im Projekt dargestellt und problematisiert werden. Abgeschlossen wird die Studie durch das Kapitel zu den Handlungsempfehlungen (Kapitel 5), welche die gewonnenen Erkenntnisse in einem Phasenmodell verdichtet und praxisorientiert bündelt. Am Ende illustrieren Zitate aus der quantitativen Erhebung die zahlreichen Rückmeldungen zur Befragung und Einschätzungen der Region und Lebenswelten junger Menschen. Danksagung Die Autorinnen und Autoren der Studie danken allen, die das Beantragen und Durchführen des Projektes sowie das Schreiben und Abschließen der Studie ermöglicht und unterstützt haben. Besondere Danksagungen gehen an Frau Ines Fabisch als Initiatorin des Projekts, Vertreterin des Projekträgers und unermüdliche Unterstützerin in allen inhaltlichen und organisatorischen Belangen, an Frau Heike Zettwitz als zuständige Dezernentin, die dem Projektteam mit Rat und Kritik zur Seite stand sowie an das Forschungsreferat der Hochschule Zittau/Görlitz, besonders an Herrn Dr. Lothar Kahnt und Frau Stefanie Wobst. Unser Dank gilt darüber hinaus Frau Manuela Reckling und Frau Jean Voit vom Statistischen Landesamt in Kamenz sowie dem Amt für Kreisentwicklung (vor allem Frau Sandy Marschke) für die Unterstützung und Bereitstellung von regionalen Daten. Schließlich danken wir den studentischen/ wissen schaftlichen Mitarbeiterinnen Laura Fernández und Fränzi Straßberger für ihre tatkräftige Unterstützung und Involvierung im gesamten Forschungsprozess sowie folgenden Studierenden des Master-Studiengangs Management Sozialen Wandels der Hochschule Zittau/ Görlitz: Franziska Böhm, Florian Bogs, Julius Kunath, Andreas Müller sowie Sebastian Schwalbe. Sie haben das Projekt durch eine kleine Diskursanalyse sowie eine Fokusgruppe im Rahmen von Belegarbeiten maßgeblich unterstützt. 2 Demografische und sozialstrukturelle Rahmenbedingungen im Landkreis Görlitz Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat 2012 einen umfassenden Bericht zu den Ursachen und Folgen selektiver Abwanderung in Ostdeutschland vorgelegt und Wanderungsdaten für die ostdeutschen Kreise ausgewertet (Kühntopf und Stedtfeld 2012). Die zentralen Erkenntnisse sind auch für die hier vorliegende Studie von Bedeutung und werden durch aktuelle empirische Studien bestätigt (Geis und Orth 2017; empirica 2016; Fuchs und Weyh 2016; Slupina et al. 2016; Damm et al. 2015): • Durch massenhafte Abwanderung hat sich in den 1990er Jahren in Ostdeutschland ein fast flächendeckendes Frauendefizit herausgebildet. • Mittlerweile hat die Ost-West-Wanderung gegen über der Land-Stadt-Wanderung deutlich an Bedeutung verloren und findet zunehmend innerhalb der neuen (und der alten) Bundesländer statt. • Die Gruppe der Zu- und Rückwanderer in die ländlichen Räume Ostdeutschlands ist seit den 1990er Jahren überproportional männlich (Geis und Orth 2017; Fuchs und Weyh 2016). • In den größeren ost- wie westdeutschen Städten ist in der Altersgruppe der 18-24-Jährigen kein Unterschied in den Geschlechterproportionen mehr auszumachen. • Die Geschlechterungleichgewichte zwischen Städten und ländlichen Räumen haben zugenommen. Die Zunahme der Geschlechterungleichgewichte zwischen Städten und ländlichen Räumen liegt sowohl an der hohen Erwerbsneigung und höheren Schulbildung von Frauen als auch an der Suche nach geeigneten Lebensbedingungen. Frauen suchen häufiger Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich und können in den Städten ihre ausbildungs- und berufsspezifischen Chancen besser wahrnehmen. Allerdings müssen sie dazu nicht mehr Ostdeutschland verlassen. Mittlerweile bieten Leipzig, Berlin, Jena oder Rostock adäquate Beschäftigungsperspektiven. Auch schätzen Frauen wichtige Facetten der Lebensqualität städtischer Räume höher ein als das Leben auf dem Land. Jenseits dieser Geschlechterspezifik bleibt festzuhalten, dass das Weggehen „ein integraler Bestandteil von Bildungs- und Ausbildungsverläufen“ in ländlichen Regionen ist (Beetz 2013, S. 13). Der Status einer Abwanderungsregion wird weniger durch die Abwanderung selbst hervorgerufen, vielmehr führt die fehlende Zuwanderung zu ausgeprägten regionalen Ungleichgewichten (ebd.). Mobilität ist demnach eine individuelle Bewältigungsstrategie regionaler Ungleichheiten und begrenzter Chancen im ländlichen Raum. Es handelt sich allerdings nicht um ein einfaches Ursache-Wirkung-Verhältnis: Infrastrukturausstattung, Arbeitsbedingungen, Lebenszufriedenheit und partnerschaftliche Gründe sind ebenso mögliche Ursachen für Abwanderung wie „verfestigte Mobilitätsorientierungen“ (ebd.: 14), mediale Diskurse und die persönliche Wahrnehmung von regionalen Entwicklungschancen (vgl. Wiest und Leibert 2013). Fest steht auch, dass die peripheren ländlichen Regionen in Ostdeutschland höhere negative Wanderungssalden (Zuzüge abzüglich Fortzüge) in der Gruppe der Frauen im Vergleich zu den Männern aufweisen. Für die Beurteilung der Wanderungsquantitäten müssen die konkreten regionalen Bedingungen berücksichtigt werden. Die Nähe zu (Groß-) Städten oder die Lage an der ehemaligen innerdeutschen Grenze sind ebenso entscheidend für Wanderungsverläufe wie die Möglichkeit, zwischen Wohn- und Arbeitsort zu pendeln, der Standortfaktor Hochschule oder spezifische Bildungs- und Arbeitsmarktstrukturen (vgl. Kühntopf und Stedtfeld 2012). Im Folgenden werden vor diesem Hintergrund die sozial- und wirtschaftsstrukturellen Bedingungen im Landkreis Görlitz erläutert. 2.1 Bevölkerung und Wanderung Im Landkreis Görlitz lebten zum Ende des Jahres 2014 insgesamt 260.188 Frauen und Männer, 2001 waren es noch 316.037 (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2016a). Das entspricht einem Bevölkerungsrückgang von etwa 18 Prozent. Neben diesen abnehmenden Bevölkerungszahlen ist der Landkreis Görlitz ebenfalls mit der Alterung der Bevölkerung und mit Geschlechterungleichgewichten konfrontiert (Abbildung 1): Es zeigt sich, dass die Altersklasse der 5- bis 9-Jährigen (der Geburtskohorten 1992 bis 1996) im Jahr 2001 aufgrund des Geburtenknicks in Ostdeutschland nach 1990 am geringsten besetzt ist. Zahlenmäßig entspricht das in etwa der Altersklasse der 20- bis 24-Jährigen (der Geburtskohorten 1990 bis 1994) im 6 7

Strategie / Planung